Pressemiteilung der Gesellschaft für Wehr‑ und Sicherheitspolitik e.V.

Sektion Düsseldorf:

 

 

„Integrationsprozeß der baltischen Länder Estland, Litauen, Lettland in die

Europäische Union"

(Ulrich Daldrup)

 

Der Acquis Communautaire ist der gemeinschaftliche Rechtsbestand und umfasst auf 80.000 Seiten die gesamte Gesetzgebung der Europäischen Gemeinschaft, die im Laufe der letzten 40 Jahre erlassen bzw. überarbeitet wurde. Er schließt auch die Einheitliche Europäische Akte, den Vertrag von Maastricht, den Vertrag von Rom und die vom Ministerrat erlassenen Verordnungen und Richtlinien sowie die Urteile des Europäischen Gerichtshofes ein. In 31 Bereiche ist der Acquis Communautaire aufgegliedert, wobei z.B. der Bereich 21, "Regionalpolitik und Koordinierung der strukturpolitischen Instrumente", das Aufgabengebiet der GFE AG in Lettland umreißt. im Gegensatz zu Polen werden die baltischen Länder oft als quantité négligeable behandelt. Gleichwohl ist nicht zuletzt durch den mit Milliarden ausgestatteten ISPA‑Fonds schon viel in den baltischen Ländern erreicht worden, was nicht nur durch die zahlreichen Dias mit sichtbaren Zeugen der nach westlichem Standard errichteten Bauten zum Ausdruck kam. Unglaublich sauber die abgebildeten Straßenzüge, Gässchen und Plätze, wo man als Tourist Schwierigkeiten hat, einmal ein noch nicht restauriertes Gebäude aus früheren (russischen) Zeiten zu finden, wie man auch vergeblich nach russischen Namen und Bezeichnungen im öffentlichen Leben suchen wird.

 

Nach wie vor wird von der baltischen Bevölkerung die permanente sicherheitspolitische Gefahr gesehen, dass der in Gang gekommene Reformprozess durch eine russische Intervention das wäre eine Sache von 2 Stunden") rückgängig gemacht werden könnte, eine Befürchtung, die schon 1992 in der Fortbildungswoche des Landes Nordrhein‑Westfalen in Bad Meinberg ("Die Öffnung Osteuropas ‑ Chancen und Risiken") seitens des lettischen Beauftragten geäußert wurde und heute noch Bestand hat. Aus diesem Grund wird auch der Beitritt in die NATO gewünscht.

 

Die Beitrittsländer in Mittel‑ und Osteuropa aber auch die Staaten der EU sehen die Osterweiterung der EU gleichermaßen als eine große Chance, weitgehende Unklarheit besteht derzeit allerdings noch Über den Beitrittszeitpunkt der Bewerberstaaten zur EU. Gemäß dem Verhandlungsstand zu den 31 Bereichen des Aquis Communaitaire ist von den baltischen Staaten neben Polen, Slowakei, Tschechei, Ungarn am ehesten Estland für einen raschen Eintritt in die EU vorbereitet, wobei die GFE entgegen der offiziellen Linie seitens der EU einer de facto Gruppenbildung eine weitaus größere Wahrscheinlichkeit einräumt (kumuliert 80 %) als einem regattaartigen (der schnellste gewinnt) Beitrittsszenario (20 %)‑ 1997 beschloss der Europäische Rat in Luxemburg, mit Ungarn, Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien (sowie Zypern) konkrete Beitrittsverhandlungen zu beginnen ("Luxemburg" Gruppe). Erst 1999 beschloss der Europäische Rat in Helsinki, mit Rumänien, der Slowakei, Lettland, Litauen und Bulgarien (sowie Malta) konkrete Beitrittsverhandlungen zu beginnen ("Helsinki" Gruppe).

 

Das Referat von Herrn Dr. Daldrup bestach durch den perfekten Einsatz technischer Hilfsmittel, aber auch durch die Schilderung sehr liebenswürdiger, menschlicher Aspekte seitens der Firmenangehörigen der GFE wie auch der baltischen Bevölkerung. Die baltische Bevölkerung, hochsensibel, empfindlich und sehr sehr stolz ist nach dem ersten Schub der Verbesserung der Lebensumstände, dadurch bedingt einer gewissen .Anhäufung des Schuldenberges, den vielen Anstrengungen und Entsagungen der letzten 10 Jahre, gegenüber einem EU‑Beitritt augenblicklich etwas ernüchtert. Wie unterschiedlich sind die Interessen in der EU gegenüber einer Osterweiterung der EU gelagert ? Auch hierzu gab Herr Dr. Daldrup eine Antwort: die Franzosen haben an Osteuropa wenig Interesse, Spanien‑Italien‑Griechenland am allerwenigsten ‑‑> die Meda-Gruppe will Südeuropa wirtschaftlich weiterbringen und eines Tages an die EU anschließen. Aus der europäischen Geschichte wissen wir, dass Sprache verbindet und Religion trennt. In der EU müssen alle Dokumente rechtsverbindlich in die z.Zt. 11 Hauptsprachen übersetzt werden, bei der Erweiterung der EU werden wir es in Zukunft mit 20 Sprachen zu tun haben, Übersetzer für das Finnisch‑Griechische sind die Exoten unter den Spezialisten und werden extrem gesucht.

 

Kulturpolitisch ist deutscherseits in den baltischen Ländern in den letzten 10 Jahren sehr viel versäumt worden, ein Zug der Zeit, wenn man an die vielen geschlossenen Goethe‑Institute in aller Weit denkt. In Estland/Lettland gab es vor 1940 auf 1000 Einwohner mehr Studenten als irgendwo anders auf der Welt. Erst jetzt, mit Geldern aus dem Erlös der UMTS‑Lizenzen, wird an die Errichtung einer deutschsprachigen Universität gedacht.

 

 

 

20.03.2001 Referat Herr Dr. Ulrich Daldrup

(Herr Dr. Ulrich Daldrup ist Inhaber und Geschäftsführer der GFE AG in Aachen: Gesellschaft für Forschung und Entwicklungsprojektierung GMBH. Die GFE wurde 1979 durch Herrn Dr. Ulrich Daldrup gegründet und wuchs in kurzer Zeit zu einer der führenden Beratungsgesellschaften in Deutschland und Europa heran. Zu den heutigen Klienten der GFE zählen so wichtige internationale Organisationen wie EBRD, London; UNCTAD, Genf, UN‑ESCAP, Bangkok‑ Club du Sahel ‑ OECD, Paris Weltbank, Washington. Wichtigste deutsche Partner: BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Bonn Thomas Dehler Stiftung, Konrad Adenauer Stiftung u.v.a. mehr)